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Facebook ist bald tot – lang leben die Messenger?

Das neueste Update seitens Facebook hat gezeigt, dass der Social-Media-Riese um seine User kämpft. Die Unternehmen werden darunter leiden, die Messenger könnten als Alternative dienen.

Zusammenfassung:

  • Facebooks Userzahlen gehen zurück – der Social-Media-Riese kämpft um seine User
  • Marken werden es in Zukunft schwerer auf Facebook haben
  • Die Instant-Messenger haben sich zu einer Alternative entwickelt

 

Zum Einstieg sollten wir den wichtigsten Fakt dieses Textes nennen: Facebook ist weiterhin uneingeschränkter Marktführer der klassischen Social-Media-Kanäle. Das Unternehmen von CEO Mark Zuckerberg weist derzeit allein in Deutschland 30 Millionen monatlich aktive User auf. Zum Vergleich: Instagram, das sich immer mehr Beliebtheit erfreut, kommt auf 17 Millionen, YouTube liegt bei sechs Millionen. Das dürfte vor allen Dingen mit der Konditionierung der User zu tun haben – sie haben gelernt, dass Facebook zu ihrem Alltag dazugehört, dass sie hier unterhalten werden und kommunizieren können.

Und auch für Unternehmen bietet das Netzwerk einen großen Mehrwert: Die Fanpages von Facebook agieren als sogenannte Stöber-Plattformen und geben Unternehmen damit vor allen Dingen ein Gesicht, Persönlichkeit und Authentizität. Und rund um die News-Distribution hat es die Konkurrenz bisher nicht geschafft, ähnliche gewinnbringende Conversions zu generieren.

„Wir haben begonnen, Veränderungen vorzunehmen“

Also alles gut im Facebook-Mikrokosmos? Nein. Denn nicht alle Fakten des Social-Media-Riesen stehen ihm so gut. Die Userzahlen stagnieren nicht nur, sie sinken. Langsam, aber spürbar. 3,2 Prozent sind es zum vergangenen Jahr, da waren es nämlich noch eine Million mehr aktive Nutzer.

Pünktlich zum Jahresstart verkündete Zuckerberg entsprechend einen veränderten Algorithmus auf Facebook, der weitreichende Folgen haben wird: Die Forschung zeige, „dass, wenn wir Social Media nutzen, um mit Menschen in Verbindung zu treten, die uns wichtig sind, es gut für unser Wohlbefinden sein kann.“ Wie soll das gefördert werden? „Wir haben im vergangenen Jahr damit begonnen, Veränderungen in diese Richtung vorzunehmen, aber es wird Monate dauern, bis dieser neue Schwerpunkt seinen Weg durch alle unsere Produkte gefunden hat. Die ersten Änderungen, die Sie sehen werden, sind im News Feed, wo Sie erwarten können, mehr von Ihren Freunden, Ihrer Familie und Ihren Gruppen zu sehen.“ Anders gesagt: Facebook will zu seinen Wurzeln zurückkehren.

Die neuen Facebook-Formeln

Allerdings gibt es einen kleinen Unterschied. Mittlerweile ist der Content-Dschungel auf Facebook mit zahlreichen Unternehmen bestückt. Und somit wird dieser Teil der User, der besonders aktiv ist, benachteiligt. Der Clou daran: Die Unternehmen müssen für bessere Rankings bezahlen und somit verstärkt auf beworbene Posts setzen. Die Facebook-Formeln ab 2018 lauten also:

Bessere Bedingungen für die privaten User = wachsende Userzahlen und erschwerte Bedingungen für Marken = mehr Umsatz für Facebook

Ob diese Formeln tatsächlich aufgehen, ist zumindest fraglich. Der Wandel im Social-Media-Bereich ist bereits seit ein paar Jahren aktiv, die junge Zielgruppe nutzt vermehrt andere Netzwerke, die sich intuitiv ihren Bedürfnissen angepasst haben. Facebook ist für den User zunehmend langweilig geworden, die Resonanz schwindet und damit auch die Interaktion. Und so könnte sich Facebook künftig in einer „Abwärtsspirale“ befinden – Unternehmen investieren nun mal nur in funktionierende Netzwerke. Kurzum: Wenn die Formeln nicht aufgehen, steht Facebook mit dem Rücken zur Wand.

Ein Leben ohne Facebook

Man mag es fast nicht aussprechen, aber: Was wären die Folgen einer solchen Schwächung Facebooks? Zwar wollen die Unternehmen aus genannten Gründen nicht auf die Plattform verzichten, sie sind aber von den Usern abhängig – und die wenden sich nun mal von der Plattform ab.

Eine Möglichkeit für Unternehmen wäre sicherlich, dass sie wieder zu den Überlegungen der Anfangszeit von Social Media zurückkommen und eigene Plattformen aufbauen, auf denen sie ihre Kunden treffen und diese in ihr Online-Ecosystem integrieren. Denken wir das weiter, führt uns das wieder zu einer altbekannten Diskussion: Wie viele Plattformen nutzt der User? Registriert er sich gerne bei seinen Marken oder genießt er die Marktplatzfunktion – also ein Netzwerk in der sich alle seine favorisierten Marken präsentieren und den Dialog zulassen? Dann bleibt uns nur die Frage, bleibt Facebook und wird nur anders eingesetzt oder wird Facebook irgendwann von einem anderen Social Network ersetzt. Das vermag heute gewiss keiner zu sagen.

Instant-Messenger als Alleskönner?

Derzeit scheint bei einer tatsächlichen Schwächung Facebooks vor allen Dingen die Instant-Messaging-Dienste als eine mögliche Alternative. WhatsApp, Facebook Messenger und Co. haben in den vergangenen Jahren eine echte Erfolgsgeschichte verzeichnet, die Userzahlen steigen unaufhörlich. Dank der stetigen Weiterentwicklung der Broadcasting Services und mit Hilfe von Chatbots bieten Messenger zudem für Marken eine attraktive Alternative, um mit den Konsumenten im direkten Kontakt zu bleiben. Auch dort können Infos geteilt werden, Kommunikation findet derweil noch direkter und – wenn gewollt – auch intimer statt. Die Unternehmen erwischen die User zudem per Pushmeldung bestenfalls direkt auf dem Endgerät. Und im Fall von WhatsApp können sogar noch mehr aktive User verzeichnet werden, als beim blauen Social-Media-Riesen.

Allerdings ist aller Anfang schwer. Ein ganz banales Problem ist unter anderem der userunfreundliche Registrierungsprozess beim Big Player WhatsApp: Dort bedarf es doch einiger Schritte, die der User aktiv tätigen muss, um Teilnehmer einer passenden Gruppe zu werden. Ebenso banal, aber weitaus problematischer ist ein weiterer Hauptgrund für die langsame Entwicklung: Zwar steigt die Anzahl der Cases stetig, die größte Herausforderung für die Unternehmen bleibt jedoch das Umdenken seitens der User. Die Messenger haben sich als private Kommunikationswege etabliert, der Umstieg zur Markenkommunikation wird Geduld brauchen.

Diese Probleme werden die Messenger aber lösen. Der Grund dafür ist denkbar naheliegend: Die Plattformen sind so populär, dass weiteres Wachstum unausweichlich ist. Sowohl die Technik als auch das User-Denken wird mit dem Erfolg der Messenger Schritt halten. Nicht umsonst nutzen bereits Unternehmen wie „ProSiebenSat.1“, „Deutsche Bahn“, „BMW“ und viele mehr WhatsApp für die öffentliche Kommunikation.

Empfehlungen?

Bleibt die Frage, was Unternehmen derzeit tun sollen. Mittelfristig ist eine klare Empfehlung auszusprechen: Da sich kein anderes „klassisches“ soziales Netzwerk für die Position von Facebook empfiehlt, wäre es zwar mutig auf Facebook gänzlich zu verzichten, aber primär kontraproduktiv. Eine Fanpage flankieren zu lassen und den News-Kanal über die noch „intimeren“ Messenger aufzubauen – das wäre der Königsweg.

Wie sich die Gemengelage langfristig entwickelt, ist ungewiss. Dennoch sollten Unternehmen zwingend die Messenger in ihre Kommunikationsstrategie einfließen lassen, sodass sie für den möglichen Plattformwechsel gewappnet sind. Zurzeit verschieben sich bei all den drastischen Veränderungen zunächst nur die Rollen. Wie es auch kommen mag, Zuckerberg traf Anfang des Jahres bei der Verkündung des Updates den Nagel auf dem Kopf: „Der heutige Tag fühlt sich sehr ähnlich an wie das erste Jahr. Die Welt ist ängstlich und gespalten und Facebook hat eine Menge Arbeit vor sich.“

Autorin:

Dr. Christina Jacob: Geschäftsführende Gesellschafterin der SMART PR GmbH in Düsseldorf, einer PR-Agentur mit starkem Fokus auf digitale Kommunikation. Die promovierte Chemikerin mit Ausbildung zur PR-Beraterin (DAPR) verfügt über eine langjährige internationale Industrie- und Management-Erfahrung als Kommunikationsverantwortliche bei großen, internationalen Unternehmen wie Coca-Cola GmbH und Procter & Gamble, bevor sie 2009 eine damals auf Social Media Relations spezialisierte Agentur gründete.

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